Schlösser in Brandenburg
Inhaltsverzeichnis
1. Begriffserklärung: Schloss, Herrenhaus, Gutshaus
2. Schlosstypen nach Funktion
2.1. Residenzschlösser
2.2. Jagdschlösser
2.3. Lustschlösser
3. Schlosstypen nach Lage
4. Die Entwicklung des Schlossbaus in Brandenburg
4.1. Renaissanceschlösser in Brandenburg
4.2. Barockschlösser in Brandenburg
4.3. Schlösser des Klassizismus
4.4. Schlösser des Historismus
Schloss, Herrenhaus, Gutshaus
Die Begriffe "Schloss", "Herrenhaus" und "Gutshaus" werden heute gern miteinander vermischt, obwohl es durchaus Unterschiede gibt. Gern wird ein großes, repräsentatives Gebäude in einem Dorf "Schloss" genannt. Dabei war es lange Zeit nur den Landesherren und den bedeutendsten Adelsgeschlechtern vorbehalten, ihre Wohngebäude so zu bezeichnen.
Herren- und Gutshäuser waren dagegen das Zentrum eines Gutshofes, also eines größeren landwirtschaftlichen Betriebes mit zahlreichen Wirtschaftsgebäuden. Eigentümer war der Gutsherr, der in Brandenburg bis zu den preußischen Reformen oft auch Eigentümer der Dorfbewohner (Leibeigener) war und auch die Funktion des Gerichtsherren innenhatte. Viele brandenburgische Gutshäuser waren in ihren Ausmaßen so bescheiden, dass sie nie als Herrenhaus bezeichnet wurden.
Bereits Fontane sah sich veranlasst zu erklären, warum er für den 5. Band seiner "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" den Titel "Fünf Schlösser" wählte. Gleich zu Beginn des Vorwortes schreibt er: "Fünf Schlösser! Fünf Herrensitze wäre vielleicht die richtigere Bezeichnung gewesen, aber unsere Mark, die von jeher wenig wirkliche Schlösser besaß, hat auf diesem wie auf jedem Gebiet, immer den Mut der ausgleichenden höheren Titulatur gehabt und so mag denn auch diesem märkischen Buche sein vielleicht anfechtbarer, weil zu hoch greifender Titel zugute gehalten werden."
Schlosstypen nach ihrer Funktion
Die Schlösser in Brandenburg lassen sich (wie in allen anderen Regionen) nach Bautyp, Lage und Funktion unterscheiden. Der Bautyp weiterhin nach Grundriß und Formtyp, die Lage nach geographischer und topographischer Lage, die Funktion nach historischer und juristischer Funktion.1
Residenzschlösser
Als Residenzschlösser werden die die Hauptaufenthalsorte der Kurfürsten, Könige und Kaiser bezeichnet. Sie waren entsprechend repräsentativ gestaltet und kamen daher dem eigentlichen Schlossbegriff am nächsten.
Das wohl bekannteste Residenzschloss in Brandenburg ist Schloss Sanssouci, das Friedrich II. ab 1744 bauen ließ und das er als im Sommer als dauerhaften Aufenthaltsort nutzte. Das Potsdamer Stadtschloss der zweite Wohnsitz des Monarchen, wurde von Knobelsdorff umfangreich umgebaut. Das Stadtschloss wurde auch von dem Friedrich Wilhelm und Luise sowie von Friedrich Wilhelm IV. bewohnt.
Dass die Bezeichnung Residenzschloss eine Funktion bezeichnet und keinen Bautyp, zeigt das Marmorpalais im Neuen Garten. Dieses Schloss von wesentlich kleineren Ausmaßen wurde die Sommerresidenz von Friedrich Wilhelm II.. Kaiser Wilhelm I. diente Schloss Babelsberg als Sommerresidenz, Kaiser Wilhelm II. das Neue Palais.
Auch der sächsische Kurfurst Johann Georg hatte eine Residenz im heutigen Brandenburg: Schloss Doberlug. Das im heutigen Kreis Elbe-Elster gelegene Schloss lag bis 1815 auf sächsischem Territorium.
Jagdschlösser
Auch Jagdschlösser werden nach einer bestimmten Funktion bezeichnet, denn sie dienten überwiegend als Jagdaufenthalt. Ein eigenes Gebäude nur für diesen Zweck zu unterhalten, konnte sich der brandenburgische Adel im Gegensatz zum englischen kaum leisten. So ist die Zahl der Jagdschlösser in Brandenburg einserseits sehr begrenzt. Andererseits waren sie vorrangign den Kurfürsten, Königen und Kaisern vorbehalten, die über eine Vielzahl von Gebäuden verfügen konnten.
Friedrich Wilhelm I., der "Soldatenkönig", war ein passionierter Jäger. Sein bevorzugter Aufenthaltsort war bei Jagden Schloss Königs Wusterhausen. 1730 bis 1732 ließ er nahe Potsdam zudem das Jagdschloss Stern errichten. Ein weiteres Jagddomizil errichtete er sich mit der Errichtung des Schlosses Groß Schönebeck. Ebenfalls zu Jagdzwecken hielt sich Friedrich Wilhelm I. in dem 1736 erworbenen Schloss Kossenblatt auf.
Ab 1699 ließ Friedrich I. in Fürstenwalde ein Schloss bauen, das der Jagd dienen sollte. Im Schweizer Landhausstil ließ sich ab 1847 Friedrich Wilhelm IV. am Rande der Schorfheide das Jagdschloss Hubertusstock errichten.
Zu den wenigen "privat" errichteten Schlössern gehören das Jagdschloss Medewitzerhütten und das Jagdschloss Ahrendsorf
Lustschlösser
Als Lustschlösser werden kleinere Schlösser bezeichnet, die als privater Rückzugsort abseits höfischer Verpflichtungen dienten. Ähnlich wie bei Jagdschlössern, waren auch hier nur die Angehörigen des höheren Adels materiell in der Lage, solche zu unterhalten.
Eines der ältesten in seinem Bauform erhaltenes Lustschloss in Brandenburg gilt das Schloss Caputh. Es wurde vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und vielen weiteren Angehörigen des späteren preußischen Königshauses als Aufenthaltsort genutzt wurde. Es gilt als Zeugnis der hohen Qualität fürstlicher Wohnkultur um 1700.2
Ganz im Nordosten Brandenburgs, zwei Kilometer vom Schloss Schwedt entfernt, befand sich das Lustschloss "Montplaisier", errichtet 1778 bis 1780 unter Markgraf Philipp Wilhelm.
Von Italien inspiriert begann 1847 Friedrich Wilhelm IV. mit dem Bau des Belvederes auf dem Potsdamer Pfingstberg, erlebte jedoch seine Fertigstellung nicht mehr. Dies übernahm sein Bruder Wilhelm I.
Schlosstypen nach ihrer Lage
Die Lage von Schlössern hat in Brandenburg nur wenig Unterscheidungskraft. Die Merkmale eines Stadtschlosses treffen eigentlich nur auf ein einziges zu: das wiederaufgebaute Stadtschloss von Potsdam. Es war lange Zeit das städtische Residezschloss der Landesherren. Es verfügte nicht über Wirtschaftsgebäude und landwirtschaftlichen Grundbesitz.
Dies ist ein typisches Merkmal der vielen hundert brandenburgischer Landschlösser, die in Dörfern oder Kleinstädten lagen. Sie waren ein dauerhafter Wohnort der Grundbesitzer und gleichzeitig Zentrum des Wirtschaftsbetriebes. Zu den Landschlössern zählen auch die Guts- und Herrenhäuser in ihren unterschiedlichen Abstufungen.
Die Entwicklung des Schlossbaus in Brandenburg
Viele Schlösser, Guts- und Herrenhäuser gingen in Brandenburg aus mittelalterlichen Vorgängerbauten hervor. Herrschaftlichen Gebäude waren damals Burgen, die sich mit Mauern und Türmen gegen Feinde zu wehren wussten. Diese Verteidigungsfunktion erübrigte sich mit der Erfindung der Feuerwaffen zu Beginn der Neuzeit und der abnehmenden Zahl lokaler Konflikte durch die Entstehung größerer Staatengebilde. Die Burganlagen wurden zu repräsentativen Wohnsitzen umgestaltet.
Schlösser der Renaissance in Brandenburg
Seit dem 15. Jahrhundert hielten dabei Bauformen der Antike Einzug in die Architektur der Schlossbauten. Typische Merkmale des Schlossbaus dieser Zeit sind Schweifgiebel, Treppentürme, breite Fensterreihen und geschmückte Portale.3,4
Schloss Demerthin (Sammlung Duncker)
Der Baustil verbreitete sich nur nach und nach in Europa und hielt erst recht spät Einzug im Gebiet des heutigen Brandenburg. Erst Mitte des 16. Jahrunderts wurden Schlösser ganz oder teilweise im Renaissancestil uimgestaltet. Zu den weitestgehend in diesem Zustand erhaltenen zählen die Schlösser Demerthin, Doberlug, Finsterwalde, Freyenstein, Fürstlich Drehna, Königs Wusterhausen, Großkmehlen und Vetschau. Aber auch kleinere Gebäude wurden im Stil der Renaissance umgestaltet, so zum Beispiel die Guts- und Herrenhäuser in Bagow, Ketzür, Kleinbeeren und Kroppen.
Barockschlösser in Brandenburg
Die Schlösser, Herren- und Gutshäuser in Brandenburg wurden von ihren späteren Bewohnern oft nach dem aktuellen Zeitgeschmack überformt. Daher wundert es nicht, dass nur wenige Gebäude im Renaissancestil erhalten sind. Die Zahl der erhaltenen Barockschlösser in Brandenburg ist dagegen ungleich höher.
Mit dem Aufkommen des Absolutismus wuchs der Anspruch, in herrschaftlichen Gebäuden den neuen, gesteigerten Machtanspruch zum Ausdruck zu bringen. Fassaden waren symmetrisch aufgebaut und durch Pfeiler, Pilaster und Säulen geschmückt. In der Innenaufteilung entstanden lange Fluchten mit hintereinander verbundenen Räumen. In Brandenburg hielt auch dieser Baustil mit einer gewissen Verzögerung Einzug, im beginnenden 18. Jahrhundert. Jedoch blieben das Äußere der Schlösser und Herrenhäuser schlichter gestaltet, als die west- und südeuropäischen Vorbilder. Wichtige Beispiel für größere Gebäude wären die Schlösser Dahme, Fürstenberg (Havel), Kossenblatt, Meseberg, Nennhausen, Oranienburg Plaue oder Prötzel. Kleinere im Renaissancestil erhaltenen Guts- und Herrenhäuser wären beispielsweise Geisendorf, Dahlewitz, Kemlitz oder Mallenchen.
Mit dem Rokoko endete die Epoche des Barock und brachte nocheinmal alle Merkmale des Barock zu einer besonderen Blüte. Das Rokoko war der Lieblingsbaustil von Friedrich II., Schloss Sanssouci gilt als Musterbeispiel des Rokoko und fand sein Vorbild in Schloss Rheinsberg.
Schlösser des Klassizismus
Die überladenen und verspielten Formen des Barock wurden ab dem Ende des 18. Jahrhunderts vom Klassizismus abgelöst. So lehnte der Nachfolger Friedrichs II., Friedrich Wilhlem II., den Architekturgeschmack seines Onkels ab und ließ sich mit dem Marmorpalais am Ufer des Heiligen Sees in Potsdam eine eigene Sommerresidenz errichten, das dem Frühklassizismus zugeordnet wird.
Die Architektur des Klassizismus orientierte sich wie bereits in der Renaissance wieder an der Antike, was sich in klaren, wenn auch mitunter monumentalen, Formen ausdrückt. Häufig verwendete Elemente waren ein tempelartiger Giebel und Säulen. Umfangreiche Um- oder gar Neubauten waren in der brandenburgischen Schlösserlandschaft zu dieser Zeit nur wenigen Persönlichkeiten möglich. So wurde der Umbau von Schloss Neuhardenberg, das als besonderes Beispiel für den klassizistischen Schlossbau in Brandenburg gilt, von Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg veranlasst. Ein weiteres herausragendes Beispiel ist die von Friedrich Wilhelm III. beauftragte Umgestaltung von Schloss und Gut Paretz.
Beispiele für klassizistische Guts- und Herrenhäuser sind Diedersdorf (TF), Geisendorf, Golßen, Groß Jehser, Groß Machnow, Rogäsen, Hornow, Mahlenzien, Schenkendöbern, Dahlwitz, Lindstedt und Zinnitz.
Schlösser des Historismus
An den Klassizismus schloss sich im 19. Jahrhundert der Historismus an. In dieser Stilepoche wurden Baustile aus allen vorangegangenen Epochen verwendet, neu interpretiert oder auch kombiniert. Als eines der wichtigsten Schlösser des Historismus gilt das von Kaiser Wilhelm I. beauftragte Schloss Babelsberg. Durch Türme, Erker und Zinnen imitierte Babelsberg eine mittelalterliche Burg im Stil der Neogotik. Zwar wurden bereits vorher Schlösser im Stil der Neogotik errichetet, jedoch war Babelsberg eines der ersten, das tatsächlich auch als Wohngebäude genutzt wurde.
Beispiele für Schlösser, Guts- und Herrenhäuser des Historismus wären:
- Neorenaissance: Güterfelde, Wiesenburg
- Neobarock: Bärenklau, Wahlsdorf, Kaltenhausen, Dammsmühle, Sperenberg
- Neogotik: Arendsee, Reichenow
1 Richard Scherer-Hall: Zur Typisierung von Burgen und Schlössern und deren Erscheinungsformen. In: Burgen und Schlösser.Burgen und Schlösser Zeitschrift für Burgenkunde und Denkmalpflege und für historische Profanbauten, Schutz- und Wehrbauten, Herrensitze und Wohnbauten. 1998/II S,87-93
2 Stiftung Preußische Schlösser und Gärten: https://www.spsg.de/schloesser-gaerten/objekt/schloss-park-caputh/
3 Wikipedia: Schloss (Architektur) https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_(Architektur)
4 Die Schlösser und Herrenhäuser im Landkreis Teltow-Fläming